Attacken in Zügen: Landeskriminalamt Sachsen geht gegen Neonazi-Gruppe „Elblandrevolte“ vor

Die Neonazi-Gruppe „Elblandrevolte“ soll im Frühjahr an zwei Attacken in Regionalzügen von und nach Dresden beteiligt gewesen sein. Die Polizei ermittelt – und hat am Montag Wohnungen in Dresden durchsucht. Dabei fand sie auch Schreckschusswaffen.

Die Soko Rex des Landeskriminalamtes Sachsen (LKA) ermittelt gegen drei 17-Jährige, die an Attacken in Regionalzügen beteiligt gewesen sein sollen. Wie die Staatsanwaltschaft Dresden und das LKA mitteilten, rechnen die Beamten die Taten der Neonazi-Gruppe „Elblandrevolte“ zu. Ermittelt wird demnach unter anderem wegen Nötigung.

Am Montag haben Polizisten im Rahmen der Ermittlungen zwei Wohnungen in Dresden durchsucht. Neben Speichermedien fanden sie laut eigenen Angaben nach drei Schreckschusswaffen samt Munition und vier offenbar gestohlene Auto-Kennzeichen der Bundespolizei.

Täter wollten offenbar „Nazi-Zone“-Aufkleber anbringen

Die drei Verdächtigen sollen den Ermittlungen zufolge in unterschiedlicher Zusammensetzung an den beiden Attacken beteiligt gewesen sein. So war Mitte April in einem Regionalzug von Dresden nach Bautzen ein bisher unbekannter Fahrgast bedroht worden.

Später am selben Tag sollen die Jugendlichen im Zug von Bischofswerda nach Dresden drei bislang unbekannte Fahrgäste angegriffen haben. Die Opfer wollten demnach verhindern, dass die Verdächtigen Aufkleber mit der Aufschrift „Nazi-Zone“ anbringen und flüchteten sich dann auf die Zugtoilette. In beiden Fällen sucht die Polizei nach Zeugen und den mutmaßlichen Opfern.

Die „Elblandrevolte“ steht den „Jungen Nationalisten“ nahe, der Jugendorganisation der rechtsextremen Partei „Die Heimat“ (früher NPD). Die Gruppe gründete sich im Februar 2024, nahm seither an Montagsdemonstrationen teil und mobilisierte zuletzt zu Protesten gegen mehrere Christopher Street Days (CSD), etwa dem in Bautzen Anfang August.

„Elblandrevolte“ Teil einer rechtsextremen Jugendbewegung

Die „Elblandrevolte“ ist nur eine von vielen Neonazi-Gruppen, die sich zuletzt in Sachsen in den sozialen Netzwerken gebildet haben. Das Landesamt für Verfassungsschutz in Sachsen sieht in der Mobilisierung rechtsextremer Gruppen gegen CSDs eine Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Diese Ablehnung etwa von Diversität in Bezug auf sexuelle Orientierung per se zwar nicht per se rechtsextremistisch, dienten Neonazis aber dazu, ihre Anschlussfähigkeit zu testen.

Auf LVZ-Nachfrage verwies Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) darauf, dass das rechtsextreme Lager CSD-Veranstaltungen schon in den vergangenen Jahren immer mal wieder im Visier gehabt habe. „Aber die aktuelle Mobilisierung ist eine neue Dimension“, sagte er. Gleichzeitig, so Schusters Ministerium, sei der Anteil von Jugendlichen unter den Tatverdächtigen im Bereich der politisch motivierten Kriminalität seit Jahren stabil: bei etwa 15 Prozent.

Zum engeren Kreis der „Elblandrevolte“ zählen die Sicherheitsbehörden nach LVZ-Informationen rund zehn Personen. Die Gruppe wird neben den Attacken in den Regionalzügen mit zwei weiteren Straftaten in Verbindung gebracht. So prüft die Polizei bei einem Angriff auf Wahlkampfhelfer der Piraten-Partei Ende Juli in Dresden etwaige Zusammenhänge zur „Elblandrevolte“.

Die bekannteste Tat, die der „Elblandrevolte“ zugerechnet werden könnte, ist der Angriff auf den SPD-Politiker Matthias Ecke kurz vor der Europawahl. Der Sozialdemokrat wurde Anfang Mai von vier Tätern angegriffen, erlitt unter anderem einen Jochbeinbruch. Der mutmaßliche Haupttäter stellte sich später der Polizei.

Nach LVZ-Informationen ist der 17 Jahre alte Mann auch auf Überwachungsvideos zu sehen sein, die die Geschehnisse rund um eine der Attacken in den Regionalzügen zeigen. Anders als in jenem Fall gehen die Ermittler bislang aber offenbar nicht davon aus, dass der Angriff auf Ecke eine aus der „Elblandrevolte“ heraus begangene Tat war. Die Gruppierung selbst hat sich sowohl vom Angriff auf Ecke als auch der Attacke gegen die Piraten-Partei distanziert.

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Verdacht der Nötigung

26.08.2024, 14:45 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Gemeinsame Medieninformation
Staatsanwaltschaft Dresden
Landeskriminalamt Sachsen

Verdacht der Nötigung

Durchsuchungsmaßnahmen durch Beamte der Soko Rex* in Dresden realisiert

Die Staatsanwaltschaft Dresden und das Landeskriminalamt Sachsen ermitteln gegen drei 17-jährige Deutsche u. a. wegen des Verdachts der Nötigung. Zwei der drei Beschuldigten wird vorgeworfen, am 15. April 2024 gegen 17:15 Uhr im Zug Trilex auf der Fahrt von Dresden-Hauptbahnhof nach Bautzen einen bislang unbekannten Fahrgast bedroht und hierdurch verhindert zu haben, dass dieser in dem Zug weiter im Gang durchlaufen konnte. Darüber hinaus wird zwei der drei Beschuldigten vorgeworfen, am 15. April 2024 gegen 20:25 Uhr im Zug von Bischofswerda nach Dresden drei bislang unbekannte Fahrgäste – die verhindern wollten, dass die Beschuldigten im Zug Aufkleber mit der Aufschrift „Nazi-Zone“ anbringen – angegriffen zu haben. Als diese in die Zugtoilette flüchteten, sollen die beiden Beschuldigten sich vor der Toilette postiert und erfolglos versucht haben, in die Toilette einzudringen. Nach dem bisherigen Ermittlungsstand ist davon auszugehen, dass die drei Beschuldigten zur sogenannten Gruppierung „Elblandrevolte“ zu rechnen sind und die vorgeworfenen Taten aus der Gruppierung heraus begangen wurden.

In dem Ermittlungsverfahren wurden heute durch Einsatzbeamte der Soko Rex des Landeskriminalamts Sachsen zwei Durchsuchungsbeschlüsse in Dresden-Bühlau und Dresden-Niederpoyritz vollzogen. Bei den Durchsuchungen wurden umfangreiche Beweismittel sichergestellt, insbesondere Speichermedien. Weiterhin konnten drei Schreckschusswaffen samt Munition und vier in Fahndung stehende amtliche Kennzeichen der Bundespolizei sichergestellt werden.

Die Ermittlungsbehörden sind bei der Aufklärung der Straftat auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen.

Es werden Personen gesucht, die am 15. April 2024 bei den oben genannten Zugfahrten Zeugen oder Geschädigte der geschilderten Taten geworden sind, verdächtige Personen und / oder sonstige relevante Feststellungen getätigt haben. Jegliche Wahrnehmung im Zug sowohl vor als auch nach der Tat kann von Bedeutung sein. Auch Feststellungen im Internet oder in den sozialen Medien, insbesondere auch im Nachgang der Tat, können die Ermittlungen unterstützen.

Zeugen, die sachdienliche Hinweise zum Sachverhalt geben können, werden gebeten, sich beim LKA Sachsen, Neuländer Straße 60, 01129 Dresden, Tel. (0351) 0800 855 2055 oder bei jeder anderen Polizeidienststelle zu melden.

* Soko Rex: Spezialbereich des Polizeilichen Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum des Landeskriminalamt Sachsen zur Bekämpfung rechtsextremistischer Straftaten